Online goes offline: Was Einzelhändler von innovativen Store-Gestaltungen der Online-Händler lernen können

Online-Shopping, E-Commerce und M-Commerce sind allgegenwärtige Themen für den Einzelhandel. Dem Trend im Printsegment folgend, wurde der Stationärhandel regelmäßig “für tot“ erklärt. Doch auch wenn digitale Trends eine Veränderung von Geschäftsmodellen im Handel bewirken, ein Aussterben der physischen Geschäfte ist nicht zu beobachten. 72% aller Kunden schätzen physische Geschäfte im Vergleich zum Online Handel als wichtig oder sehr wichtig ein. Das Erfahren und Erleben von Produkten, eine persönliche Beratung und ein ganzheitliches Einkaufserlebnis sind hierbei große Vorteile des Offline-Handels im Vergleich zu Online-Shops.

Erste Sättigungsraten im Online-Geschäft werden in bestimmten Segmenten bereits erreicht und immer mehr Online-Händler eröffnen Filialen in prominenten Innenstadt-Lagen. Amazon, Zalando, MyMuesli, Mr. Spex, Home24, Notesbookbilliger (…) – sie alle haben inzwischen physische Geschäfte eröffnet, welche über Pop-up Store Konzepte hinausgehen. Die Zauberwörter heißen Seamless-Customer- und Omni-Channel Experience. Ziel ist es, dem Kunden ein einheitliches, zufriedenstellendes und individuelles Einkaufserlebnis über die präferierten Online- und Offline-Kanäle zu bieten. Die Online-Händler sind hier teilweise deutlich innovativer als ihre klassischen Konkurrenten. Hervorragende Shopping- und Service-Erlebnisse des Kunden, Atmosphäre und Emotionen stehen im Vordergrund.

Wie Online-Händler ihre Läden gestalten – Erkenntnisse aus dem digitalen Geschäft

Neben einigen Ähnlichkeiten zu traditionellen Geschäften, gibt es spezifische Besonderheiten, bei denen die Anbieter aus ihren Erfahrungen im Online-Geschäft lernen und so deutliche Verbesserungen zu klassischen Läden bieten. Der Unterschied besteht oft darin, dass Online-Anbieter ihre Kunden und deren Bedürfnisse besser kennen (bspw. durch Web-Analysen, wie das Tracking von Nutzerverhalten, Click Streams, Suchanfragen) und sich dieses Wissen zu eigen machen um Geschäfte bedarfsgerecht und innovativ zu gestalten.

Amazon, der digitale Buchriese, hat mit der Eröffnung seines ausladenden Buchstores in Seattle – mit mehr als 500 m2 Verkaufsfläche und 200 m2 Lager – für Aufsehen gesorgt. Die Produktpräsentation entspricht nur bedingt denen einer klassischen Buchhandlung sondern folgt vielmehr datenbasierten Erkenntnissen aus dem Online-Shop. Bücher werden mit dem Cover zum Kunden präsentiert, Leser-Bewertungen angezeigt und die Sortierung auch Kategorien-fern nach dem Prinzip gestaltet, welche Bücher oft zusammen gekauft werden. Das heißt, Online-Prinzipien werden in die Offline-Welt übertragen. Sogar das Sortiment wurde optimiert: Es basiert auf den Online-Käufen der Kunden mit Wohnsitz in der jeweiligen Region.

Auch Mr. Spex – der führende Online-Brillen-Anbieter – überträgt Erfahrungen aus Kundenwünschen in seinem Online-Shop in Offline-Filialen. So steht zum Beispiel eine einfache Produktauswahl, -sortierung und -beratung, u.a. anhand von Kopfform und geeigneter Brillenform, im Vordergrund. Auch das Pricing ist deutlich transparenter als bei manch anderem Offline-Konkurrenten. Wie auch im Onlineshop, weiß der Kunde von Anfang an, was er für ein Komplettmodell zahlen muss. Undurchsichtige Preisberechnungen gibt es nicht.

Die von der Otto Group gestaltete Marke #edited, die sehr erfolgreich als Online Fashion Marke etabliert und größtenteils über soziale Medien vermarktet wurde, stellt das soziale Erleben in den Fokus. Die Filialen verstärken diesen Effekt – sie sind mit Hashtags, QR-Codes und weiteren Links versehen, welche die junge Zielgruppe wiederum zurück in den Online-Shop leiten sollen.

Bedeutung für den Einzelhandel – wichtige Trends zur Gestaltung der Ladenfläche

Die Beispiele zeigen deutlich, wie Offline-Shopping-Erlebnisse grundlegend transformiert werden können, um den veränderten Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Zentral sollten sich Einzelhändler mit folgenden Themen beschäftigen, um ihre Geschäfte zu transformieren:

  1. Veränderte Produktpräsentation: von minimalistischen Store-Designs über die Einbindung neuer Technologien wie Virtual Reality, Augmented Reality, Livestreamssowie digitaler Verkaufsunterstützung bspw. in Form von digitalen Infoterminals, Kabinen oder Spiegeln
  2. Maximale Personalisierung: konkret auf den Kunden angepasste, individuelle Angebote basieren auf einem tiefgreifenden Kundenverständnis, welche mithilfe von CRM- und Analytics-Lösungen erreicht werden können (u.a. Trackingmethoden via mobilen Anwendungen, Kassensystemen, Loyalty Programmen uvm.)
  3. Seamless Shopping Experience: von einer perfekten Integration und Abstimmung des stationären Geschäfts mit allen Online und Social Media Aktivitäten (u.a. mit dem Online Shop und „Social Shopping“) bis hin zu einem nahtlosen Erlebnis im Handel über den gesamten Einkaufvorgang hinweg (bspw. via in-Store Navitation durch iBeacons und NFC und Mobile Payment Lösungen)

Der stationäre Einzelhandel steht damit vor der Herausforderung aber auch der Chance seine Ladenflächen zu optimieren, komplett neu zu gestalten und via digitalen und mobilen Lösungen gemäß veränderter Kundenerwartungen als Erlebnis zu positionieren.  Sorgen Online Händler dabei auf der einen Seite für einen immer größeren Wettbewerbsdruck, liefern sie auf der anderen Seite auch inspirierende Beispiele, wie diese Transformation erfolgreich gelingen kann und dass es sich lohnt, die Customer Journey im Handel neu zu denken. Dass der Einzelhandel dabei auf Erfahrung und Strukturen zurückgreifen kann, welche Online-Händler nicht besitzen, kann hierbei von Vorteil sein. Wer im Zusammenspiel des Online-/Offline Handels in Zukunft den Ton angibt, bleibt damit spannend.

Bildquelle:  © Shutterstock / Montri Nipitvittaya

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