Industrie 4.0: Logistik und Produktion eine Bestandsaufnahme

Bei dem Buzzword „Industrie 4.0“ scheiden sich die Geister. Die einen befinden sich bereits mittendrin im vernetzten Prozess, andere ignorieren gekonnt das Thema – höchstwahrscheinlich verbunden mit wirtschaftlichen Folgen. Aber welche Branchen denken tatsächlich überwiegend in 4.0? In Deutschland sind es aktuell größtenteils die Logistik sowie die Produktion. Hier werden bereits Lager und Fabriken in Richtung Prozessvernetzung abgebildet. Beide Metiers schauen wir uns in dieser Bestandsaufnahme nachfolgend mal genauer an.

4.0, Industrie 4.0? An die Produktion sowie Logistik in der Zukunft werden hohe Anforderungen gestellt: Beide müssen intelligent, smart, effizient, und nachhaltig sein. Laut des Fraunhofer Instituts beschreibt Industrie 4.0 die intelligente Vernetzung von Produktentwicklung, Produktion, Logistik und Kunden. Glaubt man diesem, wird die vierte industrielle Revolution den Wirtschaftsstandort Deutschland mehr verändern als die vorherigen. Doch dabei muss die Begrifflichkeit mittlerweile mit Einflüssen von außen verknüpft werden. Denn damit Deutschland in einer Zeit knapper und teurer werdender Energie und Rohstoffe auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt, muss mit immer weniger Ressourceneinsatz eine maximale Wertschöpfung erreicht werden. Ein Zielkonflikt welcher gelöst werden soll durch Industrie 4.0.

 

Logistik/Intralogistik und Industrie 4.0

Aber welcher Industriezweig bewegt sich tatsächlich in Richtung der gewünschten „Industrie 4.0“? Verpasst womöglich das Rückgrat unserer Wirtschaft, der Mittelstand den Trend? Besonders in Deutschland sind die Logistik, beziehungsweise die Intralogistik sowie die Produktion von der Industrie 4.0 betroffen. Speziell die Intralogistik, also der Materialfluss innerhalb eines Distributionscenters, kann derzeit tatsächlich vernetzte und miteinander kommunizierende Prozesse abbilden. Bereits seit Jahren kommunizieren in gesteuerten Distributionscentern Beförderungswannen, Fördertechnik und Produkte über ein sogenanntes Warehouse-Management-System miteinander. Ein Blick in die deutschen Produktionshallen zeigt teilweise das dies Prozessbezogen, sogar ohne das Zutun des Personals funktioniert. Dennoch wird es in naher Zukunft keine vollautomatischen Hallen geben. Zu individuell werden die Bestellungen gehandhabt, zu individuell sind die Kundenwünsche.

Doch blickt für die nächsten Jahre in die Glaskugel, erkennt man eine Zukunft, in der genau diese intralogistischen Prozesse immer häufiger unter Kosten- und Leistungsdruck stehen, Wettbewerbstechnisch sogar entscheidend über Erfolg oder Misserfolg sind. Vor diesem Hintergrund wird sich voraussichtlich eine Entwicklung zu größeren und verstärkt technologisierten Lagern mit zunehmender Prozessoptimierung, dank verbesserter Codiertechnik, beobachten lassen. Die Prozesse können allerdings nur automatisiert werden, wenn entsprechende Schnittstellen zwischen Autonomer Prozesslandschaft wie Maschinen, IT und Software bestehen. Diese Voraussetzung gilt natürlich für alle Branchen, beispielsweise für die Fertigungsindustrie, der Forstwirtschaft oder auch dem Retail Future Stores im Einzelhandel.

 

Lean Production: Verschwendung ist unerwünscht

In fünf bis zehn Jahren sprechen wir nach heutigen Entwicklungsstand von einer totalen Prozess-unabhängigen Logistik – über die lokalen Lagergrenzen hinaus. Dann werden tatsächlich dynamische Bewegungen von Systemen grenzenlos detektiert beziehungsweise lokalisiert. Schon jetzt werden bereits bei der Beschaffung und während der Herstellung von Produkten jeder einzelne Posten wie auch das Produkt selbst mit einer Global Trade Item Number, kurz GTIN, (eindeutige Artikelnummer) versehen. Damit verbunden sind Informationen für weitere Prozesse wie Lagerung, Transport, Auslieferung, Handel und Rückführung. Jeder Artikel erhält so ein unverwechselbares Etikett, das ihn innerhalb einer bestimmten Verpackungshierarchie identifiziert. Mit der richtigen Intelligenz und der richtigen Funk-Technik (RFID), kann das Produkt auch außerhalb des Betriebsgeländes kommunizieren: Bisher gilt, dass die Technologie in einem automatisierten Lager- beziehungsweise Fabrik-GRID, wie es zum Beispiel in einem Warenlager der Fall ist, die Routen klar definiert und daher auch bis ins Detail vorausschauend kalkulierbar sind. Wird allerdings über diese Grenzen kommuniziert, Betriebszustände, Koordinaten von Waren untereinander und Gewerke-übergreifend ausgetauscht, wird die globale Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (m2m) endlich Realität. Durch sogenannte „Lean Production“ soll die Verschwendung von Ressourcen vermieden werden. Menschen sollen mit Maschinen schon fast selbstverständlich kommunizieren, fast könnte man vergessen, wie radikal sich das Verhältnis von Mensch und Maschine gewandelt hat. Wer beim Thema Lean nicht seine Hausaufgaben gemacht hat, ist auch mit Industrie 4.0 nicht erfolgreich. An dieser Stelle darf Eigenwerbung gemacht werden, Syntax-Solution bietet ein breites Spektrum von Lean Production Lösung zur Realisierung mithilfe der modernen IT an, dazu zählt natürlich das oben genannten Szenario.

 

Produktion in Deutschland setzt auf Industrie 4.0

Eine andere Branche, die schon lange auf „Industrie 4.0“ setzt, ist die Produktion. Sie hält im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten von Amerika noch 22 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland – das katapultiert uns auf die Pole-Position, zumindest in Europa. Deutschlands Wirtschaftsleistung ist demnach wie in keinem anderen westlichen Industrieland auf die Produktion von Gütern ausgerichtet. Fast jeder zweite Arbeitsplatz in unserem Land ist mit der Produktion verbunden.

In beinahe allen Industrienationen hat der Anteil der Produktion abgenommen, auch in Deutschland. Dennoch ist eine Wiederbelebung der industriellen Kerne zu erkennen. Ein Weg aus dem Dilemma wird in der zunehmenden Nutzung dezentraler Systeme gesehen. Dabei beschreiben die cyber-physische Produktionsanlagen-Systeme, die zum Teil aus klassischer Anlage aus Metall und Schweißdrähte bestehen, der andere Part allerdings aus einer Virtuellen Ebene, also aus Einsen und Nullen.

 

Industrie 4.0: alles ein alter Hut

Trotz aufkommender Kinderkrankheiten ist in Sachen „Industrie 4.0“ nur wenig ernsthafte Kritik wahrzunehmen. Es wirkt alles noch planlos und dennoch wird die „Industrie 4.0“ als eierlegende Wollmilchsau durch jedes Dorf, jeden Mittelstand und jeden Konzern (Telekom lässt grüßen) getrieben. Die vom Staat ausgegebene Marschroute „Industrie 4.0“ ist dabei eigentlich ein alter Hut, das zeigen Studien, wie die FTLAP („Freight transport logistics action plan“) der EU-Kommission aus dem Jahre 2007. In dieser schlug die EU-Kommission Maßnahmen vor, die speziell die Infrastruktur-Nutzung sowie des länderübergreifenden Warenflusses tangierten. Diese Studie und die damit verbundene Idee Industrie 4.0 ist somit über zehn Jahre her.

Es mangelt demnach an der Umsetzung. So gibt es kaum Definitionen von Standards in Sachen Industrie 4.0. Jedes Unternehmen definiert Industrie 4.0 und die Standards selber. Der Begriff wurde einfach von der Politik in den mittelständischen Raum geworfen – mehr nicht. Eines der Probleme ist die Komplexität der Kommunikation. Diese Komplexität der erwähnten Maschine-zu-Maschine-Kommunikation wird in der Zukunft abnehmen. Das liegt an den mittlerweile verbesserten und „sicheren“ Tools das Cloud-Computing via taktiles Internet endlich attraktiv machen – Big Data und Analytics drängen sich mehr und mehr in den Fokus – Mobile Logistic nicht zu vergessen. Setzt man den alten Hut allerdings richtig auf, wird das Vertrauen der User wachsen und für Unternehmen neue Geschäftsfelder definieren. Vielleicht auch außerhalb der Logistik und Produktion – über die erwähnten Prozessgrenzen hinaus.

Bildquelle:  © Shutterstock / Zapp2Photo

 

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